Öffentliche BK - Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist

Exemplarisch für die geistige Auseinandersetzung mit antichristlichen Strömungen, zu denen sich die BK Schleswig-Holsteins verpflichtet und auf der Bekenntnissynode zum Programm erhoben hatte, ist die Antwort auf das 1936 erschienene Buch von Gustav Frenssen: "Der Glaube der Nordmark".

Frenssen war in den 30er Jahren einer der meistgelesenen Autoren in Deutschland, seine Bücher hatten gewaltige Auflagen. Frenssen, 1863 geboren, war 10 Jahre Pastor in Dithmarschen, hatte dann 1902 sein Amt niedergelegt und sich zu einem radikalen Gegner von Christentum und Kirche gewandelt. Viele Ehrungen machten ihn auch über die Grenzen Deutschlands hinaus nach 1933 zu einem bekannten Repräsentanten des NS-Kulturlebens. "Der Glaube der Nordmark" wird zu einer Generalabrechnung mit Kirche und Christentum.

Die BK reagiert ohne Zögern mit einer von der Missionsbuchhandlung veröffentlichten "Antwort an Gustav Frenssen". Diese Antwort ist gleichsam eine geballte Ladung der BK mit Beiträgen von 10 Pastoren, einer Pastorenfrau und einem Lehrer. Generalsuperintendent Otto Dibelius schreibt ein Vorwort und unterstreicht damit die Bedeutung dieser Entgegnung für die gesamte Bekenntnisbewegung.

Frenssen wähnt sich im Trend der Zeit mit seiner These vom Ende des Christentums nicht nur in der Nordmark, sondern überhaupt. Leere Kirchen und Wissenschaft beweisen es. Kirchliches Christentum ist ein Fremdkörper im Volksganzen. Nur eine pantheistisch-völkische Religiosität, die sich der Seele das Alls öffnet und im eigenen Blut pulsiert, dabei auch die Grenzen von Moral und Sitte überschreitet, kann noch Zukunft haben.

Es sieht fast so aus, als ob die BK auf so etwas nur gewartet hätte, um einen Frontalangriff zu starten. Von wegen, Schleswig-Holstein ein Land, in dem das Christentum total abgewirtschaftet hätte, in dem der Glaube tot ist und die Kirche "nur leere Grüfte mit ein paar alten Frauen" - ein Stereotyp, das durch die Geschichte geht. Aber für die BK ist das nicht nur Provokation, sondern Gelegenheit, mit Selbstbewusstsein, Humor, Sarkasmus und mit der biblischen Botschaft eine andere Realität zu zeigen. Natürlich kennt man die Schwächen der Kirche in Schleswig-Holstein, aber mit der BK ist eine Gegenbewegung entstanden. Kirchen sind wegen Überfüllung geschlossen. In einer Kleinstadt von 6.000 sammeln sich 2.000 gegen einen radikal-häretischen Deutschkirchler und singen: "Ein feste Burg ist unser Gott". Eltern bezeugen, dass sie und ihre Kinder keine Heiden werden wollen.

Ein Pastor zitiert den Propheten Elia, der das Volk zu Entscheidung ruft - entweder für den Gott Israels oder für den Götzen Baal. "Haben sich in Schleswig-Holstein wirklich aller Knie mit dem vom Glauben abgefallenen Pastor vor dem Baal des deutschen Glaubens gebeugt?"

Ein anderer hält Frenssen entgegen: "Christus ist weder deutsch noch nordisch. Die Sonne am Himmel ist auch weder nordisch noch deutsch."

Dibelius fasst zusammen: "Wenn die Kirchen leer werden und die Gebete in den Häusern verstummen, dann ist nicht die Christus-Botschaft in Gefahr, sondern das Volk."

Die Gegenschrift der BK erscheint in einer Auflage von 10.000 Exemplaren und zeigt: wir sind da, wir halten nicht den Mund, wir mischen uns ein und geben Orientierung im Streit der Zeit.

Das publice docere der CA [CA XIV lat. Fassung] bekommt eine neue Aktualität. Spott, Witz und Volkstümlichkeit beweist dabei am eindrücklichsten der Pastor von Hademarschen, Hans Treplin, der in seiner Polemik gegen die Deutschkirche seine Bauern gegen den "selbstgemachten Schietgott" wettern lässt. Seine Schrift "Weder Hauer noch die Deutschkirche" hat eine Rekordauflage von 50.000, dabei muss man wissen, dass bei diesen zum Spott aufgelegten Pastoren immer wieder die Gestapo vor der Haustür stand, um sie zu verwarnen oder abzuholen. Pastor (Wolle) Prehn gehörte auch zu denen, die sich Witz und Sarkasmus nicht verkneifen konnten: "Der neue Islam ist da: Gott ist groß und Adolf Hitler sein Prophet." Aber er konnte auch sehr ernst werden in seinem Wort an die deutschen Konfirmanden.

Ich kann nicht alle in Breklum in den Jahren 1936 und 1937 erschienenen Schriften aufzählen, aber sie alle bezeugen den Kirchenkampf als ein volksmissionarisches Ereignis, und sie alle haben eine Mitte: Christus, das eine Wort Gottes, wie Barmen bekennt. Die BK Schleswig-Holstein mobilisiert Menschen in verbindlicher Weise, 1937 zählt sie über 6.000 eingetragene, beitragspflichtige Mitglieder. Und sie schafft noch etwas anderes: Gemeinschaft unter den Pastoren, sie sammeln sich wieder in Konvente, eine Gegenbewegung gegen Vereinzelung und Einsamkeit. Das wird als Geschenk des Kirchenkampfes empfunden. Die Anrede "Bruder" von Pastor zu Pastor soll in dieser Zeit ihren Ursprung haben, auch "Bruderrat" ist eine neue Bezeichnung für ein kirchliches Gremium.

Karl Ludwig Kohlwage

Aus: Karl Ludwig Kohlwage, Manfred Kamper, Jens-Hinrich Pörksen (Hrsg.): "Was vor Gott recht ist". Kirchenkampf und theologische Grundlegung für den Neuanfang der Kirche in Schleswig-Holstein nach 1945. Dokumentation einer Tagung in Breklum 2015. Zusammengestellt und bearbeitet von Rudolf Hinz und Simeon Schildt in Zusammenarbeit mit Peter Godzik, Johannes Jürgensen und Kurt Triebel, Husum: Matthiesen Verlag 2015, S. 28 f.