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"Die christliche Kirche ist die Gemeinde von Brüdern, in der Jesus Christus in Wort und Sakrament durch den Heiligen Geist als der Herr gegenwärtig handelt. Sie hat mit ihrem Glauben wie mit ihrem Gehorsam, mit ihrer Botschaft wie mit ihrer Ordnung mitten in der Welt der Sünde als die Kirche der begnadigten Sünder zu bezeugen, dass sie allein sein Eigentum ist, allein von seinem Trost und von seiner Weisung in Erwartung seiner Erscheinung lebt und leben möchte. Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen überlassen." (Barmen III)

"Die verschiedenen Ämter in der Kirche begründen keine Herrschaft der einen über die anderen, sondern die Ausübung des der ganzen Gemeinde anvertrauten und befohlenen Dienstes. Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und dürfe sich die Kirche abseits von diesem Dienst besondere, mit Herrschaftsbefugnissen ausgestattete Führer geben und geben lassen." (Barmen IV)

Rechtsordnung

Die Zeit nach 1945 hat die Besinnung auf den eigentlichen und wesentlichen Grund kirchlicher Ordnung gebracht. Die Kirche in ihrer äußeren, von Rechtsnormen geprägten Gestalt, wurde ganz klar auf ihren geistlichen Auftrag ausgerichtet. Dies ist in der schleswig-­holsteinischen Landeskirche vor allem auch ein Verdienst der beiden ersten Bischöfe nach dem Zweiten Weltkrieg, des Bischofs für Hol­stein, D. Halfmann, und des Bischofs für Schleswig, D. Wester; sie haben ihr Amt unter einem hohen geistlichen Anspruch zu führen gewußt. In der schleswig-holsteinischen Landeskirche galt - wie in der übrigen EKD - ein "bekennendes Kirchenrecht"; so die treffende Formulierung von Christian Roßkopf im Anschluß an die Kirchen­rechtslehrer Rudolf Smend und Ulrich Scheuner. Die Kirche distan­zierte sich in der Besinnung auf ihr Eigenrecht vom staatlichen Bereich und gewann zugleich die Fähigkeit zur vertraglich geregelten Partnerschaft, wie sie in Schleswig-Holstein ihren Ausdruck im Staat-Kirchen-Vertrag von 1957 gefunden hat. (Kurt Jürgensen, Die Stunde der Kirche. Die Ev.-Luth. Landeskirche Schleswig-Holsteins in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, Neumünster 1976, S. 248)

Simon Schöffel, Glaube, Recht und Kirche (Beiheft 1 zum "Evangelischen Hamburg"), 1935, S. 8: "Recht ist Weganbahnung für den Gang der Offenbarung. Das bedeutet aber sofort auch das Weitere, daß das Recht sich auf Bekenntnis aufbaut; denn Offenbarung weckt Bekenntnis. ... Dieses Bekenntnis zu hüten und zu wecken und zu hören, ist die Aufgabe der Kirche, bald, indem sie das Wort der Offenbarung spricht, aus dem das Bekenntnis erwächst, bald, indem sie selbst, ergriffen vom Worte Gottes, dies Bekenntnis wiederholt. Alles Recht der Kirche rankt sich um dieses Bekenntnis. Wehe dem Kirchenrecht, das daran vorüberginge oder anderen Zielen diente!"

Wilhelm Halfmann, Die Notwendigkeit einer neuen Rechtsordnung (1958), in: ders., Predigten, Reden, Aufsätze, Briefe. Aus dem Nachlass zusammengestellt und bearbeitet von Wilhelm Otte, Karl Hauschildt und Eberhard Schwarz, hrsg. von Johann Schmidt, Kiel 1964, S.115-118.

Landeskirchliches Archiv der Ev.-Luth. Kirche in Norddeutschland, Geschichte der Kirchenleitung der Ev.-Luth. Landeskirche Schleswig-Holsteins, Kiel o.J.

Ulrich Stenzel, Geschichte des Landeskirchenamtes 1924-1976. In: Mitteilungen zum Archivwesen in der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche. Heft 29 (Dezember 2003), S. 27-41.

Jörg Winter, Chancen und Grenzen von Kirchenordnungen für die Ausgestaltung kirchlichen Lebens. Vortrag vor der Landessynode der Pommerschen Evangelischen Kirche am 27. August 2004 in Greifswald.

Benjamin Hein, Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schleswig-Holsteins. Daten - Fakten - Materialien. Zum 150-jährigen Bestehen des Landeskirchenamtes in Kiel (Schriften des Landeskirchlichen Archivs der Nordkirche, Band 3), Kiel 2017.