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Tagungsort: Koloniale Frauenschule Rendsburg

Die 2. Tagung der Vorläufigen Landessynode

Auf der 2. Tagung der vorläufigen Landessynode 1 Jahr später im September 1946 kann Präses Halfmann in einem "Geschäftsbericht" schon eine Bilanz vorlegen.

1. Voran steht der Komplex, den Halfmann ein Jahr zuvor als den brisantesten und schwierigsten bezeichnet hatte: die Entnazifizierung. Die Hälfte der 22 Propstenämter in Schleswig-Holstein ist neu besetzt worden, 3 davon von Pastoren, die nicht der BK angehören. Die Entnazifizierung von Pastoren und kirchlichen Mitarbeitern sei von der Militärregierung im Wesentlichen der Kirche überlassen worden, mit dem Ergebnis, dass bis dato die Hälfte der Pastoren durch eine von der Kirchenleitung berufene Spruchkammer im Amt bestätigt worden ist. Die Nichtbestätigung einer verhältnismäßig großen Zahl von Pröpsten erfolgte durch Anwendung einer Notverordnung, die die Kirchenleitung im Dezember 1945 erlassen hatte. Sie ermöglichte eine Amtsentlassung der Geistlichen, die durch DC-Mitgliedschaft oder Bindung an die NS-Ideologie eine "bekenntnismäßige Weiterführung ihres Amtes unglaubwürdig" gemacht hatten. Reumann schildert in seiner Kirchenkampfgeschichte Details, hat aber über das Verhältnis von Druck und freiwilliger Einsicht offensichtlich auch nicht Genaues ausfindig machen können.

2. Die Theologische Fakultät der Universität Kiel und das Preetzer Predigerseminar arbeiten wieder, Preetz allerdings noch ohne Nachwuchs. Dort muss man sich auf "Auffrischungskurse" für heimgekehrte junge Pastoren beschränken.

3. Die Gemeindevisitation durch die 4 geistlichen Mitglieder Kirchenleitung läuft, aber noch nicht so, wie es sein müsste. Hans Asmussen ist durch seinen Weggang zur EKD ausgefallen, Völkel hat eine Gemeinde von 10.000 in Bordesholm zu versorgen, Halfmann selbst hat noch halben Gemeindedienst in Flensburg. Prof. Rendtorff ist in der Kieler Fakultät voll beansprucht, berichtet aber von einem Besuch im Internierten-Lager in Neumünster-Gadeland. Zur Abendmahlsfeier hatten sich 600-700 Teilnehmer versammelt, unter ihnen 500, die damit ihren Wiedereintritt in die evangelische Kirche vollzogen.

4. Mit der Wiedereinrichtung eines kirchlichen Jugendwerkes unter Propst Prehn-Husum und dem Jugendpastor Otto von Stockhausen ist ein "verheißungsvoller Anfang" gemacht worden. Zum großen Jugendtreffen am Himmelfahrtstag und in den Ferienlagern in den Sommermonaten haben sich Tausende von Jungen und Mädchen "unter Wort, Lied und Gebet" versammelt. In Freizeiten werden Jugendleiter ausgebildet, die die Jugendarbeit in den Gemeinden aktivieren.

5. Ebenso neu wie erfolgreich und angesehen bei Behörden und Militärverwaltung ist das landeskirchliche Hilfswerk unter Leitung von Pastor Dr. Mohr. Es setzt verantwortlich die Sach- und Geldspenden ein, die in großem Umfang aus dem In- und Ausland kommen. "Pflegestätten und Schulheime sind im Entstehen oder schon in Arbeit." Das Internatsgymnasium Timmendorfer Strand gewinnt später landesweites Ansehen. "Das Hilfswerk und das Jugendwerk sind die beiden Zweige kirchlicher Arbeit, die am meisten Freude gemacht haben", resümiert Halfmann. Die beiden arbeiten auch gut zusammen, wie später - 1948 - Dr. Mohr berichtet. "Unser Jugendpastor Stockhausen hat uns erst neulich wieder bekundet, dass die Ferienlager in diesem und im vorigen Jahr nicht möglich gewesen wären ohne den Einsatz des Hilfswerkes." Durch Hilfswerk-Beauftragte in den Gemeinden und Propsteien ist das Hilfswerk in der Basis verankert.

6. Nicht so günstig sind die Dinge beim Religionsunterricht gelaufen, eine Vereinbarung mit staatlichen Stellen konnte noch nicht abgeschlossen werden. Das Ziel bleibt, "dass die Schuljugend eine echte evangelisch-christliche Unterweisung erhalte". Die Landeskirche will sich an der Ausbildung qualifizierter Religionslehrer beteiligen. "Wir haben deshalb dem katechetischen Seminar in Breklum, das mit großer Treue und sichtlichem Segen arbeitet, die landeskirchliche Anerkennung gegeben." Eine erste Abschlussprüfung hat stattgefunden.

Auf der 3. Vorläufigen Tagung im November 1946 kann die Landessynode eine mit dem Land Schleswig-Holstein ausgehandelte Schulvereinbarung verabschieden, die den Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach ausweist, das "in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Ev.-Luth. Landeskirche" erteilt wird. Der Religionslehrer muss Mitglied der evangelischen Kirche sein. Der Religionsunterricht ist freiwillig für Lehrer und Schüler - zukunftweisende Bestimmungen aus der ersten Nachkriegszeit.